Achtung!Cthulhu ist ein Pen & Paper Rollenspiel, welches im zweiten Weltkrieg den Lovecraftischen Cthulhu-Mythos mit den Machenschaften der Nazis kombiniert. Diese Hintergrundgeschichte benutzt das Video-Spiel Achtung! Cthulhu Tactics, um darin die Kämpfe ablaufen zu lassen. Das Spielprinzip ist dabei recht einfach erklärt: Die Kämpfe werden rundenbasiert ausgetragen. Dabei kann (und sollte) man strategisch vorgehen, indem man Deckungen und Fähigkeiten nutzt und dem Gegner nicht die Chance gibt, einzelne Gruppenmitglieder zu umstellen.
Die Geschichte
Tiefgang darf man hierbei allerdings nicht erwarten. Die vier Protagonisten sind austauschbare Personen und bleiben damit völlig uninteressant. Man kann sich im Charaktermenü zwar die Hintergrundgeschichte durchlesen, aber diese bleibt irrelevant. Einzig die gesprochenen Einzeiler im Spiel lassen einen Zusammenhang erahnen. Die einzige Frau im ganzen Spiel hat einen hörbaren französischen Akzent. Ihre drei Begleiter stammen aus England, Amerika und Saudi Arabien. Mehr Diversität ist nicht vorhanden, aber ganz erfrischend zwischen den immer gleichen Gegnern, die nun mal ausschließlich aus Nazis und Cthuloiden Wesen bestehen. Warum aber die einzige Frau keinen militärischen Rang hat, bleibt leider in der Klischee-Ecke liegen.
Es wird direkt klar, dass es sich um eine Einheit handelt, die Explizit gegen die Sonderkommandos der Nazis vorgehen soll, welche mit den sogenannten Mythos-Wesen seltsame dunkle Bande eingegangen sind, um sich Vorteile im Krieg zu beschaffen. Hier und da liegen ein paar Gegenstände herum, mit denen man interagieren und dadurch ein wenig – aber wirklich nur maximal drei Sätze – Geschichte mitbekommt. Die meisten Notizen liest man im Spielverlauf sowieso, ein wenig Spannung kommt immerhin auf, sobald man es mit dem Übernatürlichen zutun bekommt.
Im Laufe des kurzen (ich habe rund 20 Stunden benötigt) Spiels bekommt man es mit eben jenen Mythos-Wesen zu tun, aber diese sind nach dem ersten erfolgreichen Aufeinandertreffen auch gar nicht mehr so gruselig. Allerdings muss ich gestehen, dass meine erste Mission im “Traum” direkt mehrmals gescheitert ist. Die Mythos-Wesen waren allesamt zu stark für mich, sodass mir mehrmals der ganze Trupp gestorben ist. Erst das neue Verteilen der Fähigkeitenpunkte hat mich das Desaster gerade so überleben lassen. Danach waren allerdings die Missionen ohne Mythos-Wesen so ein Spaziergang, dass ich diese fast schon langweilig fand. Erst der Endboss hat mich dann weitere Stunden und Nerven gekostet, weil ich hier beim ersten Versuch gescheitert bin – dafür beim zweiten Mal wieder zu leicht durchkam.
Die Stimmung machts
Achtung! Cthulhu Tactics gibt sich wirklich Mühe, das ungute Gefühl hervorzulocken, welches man in Zusammenhang mit Cthuloiden Wesen haben sollte. Auf der Hauptkarte, wo man die Missionen auswählen kann, spielt im Hintergrund ein Radio. Umso weiter man voranschreitet, umso verzerrter klingt die Musik. Auch sind die Geräusche, welche die Mythos-Wesen bei Bewegungen machen schon etwas gruselig – aber sie werden wie alle Einzeiler sehr oft wiederholt, wodurch sich dieser Effekt schnell abnutzt.
Auch die bereits erwähnten Texte innerhalb der Missionen versuchen die Bedrohung durch die Mythos-Wesen in Großbuchstaben gefährlich wirken zu lassen. Allerdings ist das dann doch nur heiße Luft. Die Gefährlichkeit der Gegner wird mit der Zeit nur dadurch klar, dass diese in der absoluten Überzahl kämpfen. Dies wird dann auch noch durch ewige Wartezeiten in den Kampfrunden geschmälert, aber dazu weiter unten mehr.
Optisch hat man schnell das Gefühl, durch die immer gleichen Gebiete zu laufen – das alles in einem Wald oder einem Bunker spielt war hierbei nicht hilfreich. Eine gelungene Abwechslung sind hier die Traumsequenzen, in denen man bekannte Orte nochmal besucht, darin aber doch nichts mehr passt. Die Abgründe und Runensteine, kombiniert mit ein paar Verzerrungseffekten haben mir beim ersten Traum doch einen schönen Gruselfaktor beschert. Beim ersten Mal weiß man nicht, mit was für Wesen man es nun zu tun bekommt. Man ist neugierig und ängstlich zugleich. Wie erwähnt, wurde ich im ersten Traum auch direkt vernichtend geschlagen und war froh, eine SaveFile im Missions-Menü zu haben. Häufig und Missionsweise speichern bewährt sich.
Stress und Fähigkeiten
Hierbei wurde mir außerdem bewusst, dass dieses Stress-System ganz üble Auswirkungen haben kann. Jeder Charakter besitzt neben Lebensenergie und Glück auch einen Wert für Stress. Während Glück quasi nur eine Art zusätzlicher Schutzschild der Lebensenergie ist – weil dies zuerst abgezogen wird und erst danach Treffer auch Schaden verursachen – erhöht sich der Stress bei eben jenen Treffern, aber auch in der Nähe von Mythos-Wesen und bei Einsatz von ihren übernatürlichen Fähigkeiten. Wenn der Stress der einzelnen Soldaten zu hoch ist, tun sie Dinge, die hauptsächlich zu Problemen führen können: Wenn sie sich zusammenkauern, haben sie weniger Aktionspunkte in der Runde zur Verfügung – das kann dazu führen, dass keine sinnvolle Aktion möglich ist. Ebenso wie das wild herumballern, was dafür sorgt, dass die Waffe erstmal nachgeladen werden muss. Manchmal flüchten sie auch in die nächste Deckung, was wiederum ganz praktisch ist. Im Großen und Ganzen sind es aber eben irrationale Verhaltensweisen, die man im Angesicht von hohem Stress eben haben kann. Das ist ganz nett aus dem Pen & Paper Rollenspiel umgesetzt und kann einem ernsthafte Probleme bereiten. Vorbei ist da nämlich die taktische Planung eines Zuges, wenn der Kamerad sich panikartig in den eigenen Fuß schießt. Stress hat mich wie erwähnt bei den ersten Begegnungen mit Mythos-Wesen beinahe Handlungsunfähig gemacht und führte zu mehreren Wipes (also komplette Vernichtung des gesamten Trupps).
Jeder der vier Charaktere besitzt einen eigenen Fertigkeiten-Kreis, wovon sich viele der Fähigkeiten allerdings mehrmals unter den Charakteren verteilen. Während Ariane Dubois und Corporal Akhee Singh als Waffe entweder auf Schrotflinte oder Pistole zurückgreifen und dafür Boni erhalten können, begnügen sich Captain Eric Harris und Sergeant Carter mit erweiterten Grundattributen. Zudem hat jeder Charakter einen Satz an Signaturfähigkeiten, die auf den Soldaten zugeschnitten sind. So ist Captain Harris letztlich derjenige, der am meisten Einstecken kann. Aus der Ferne unterstützt außerdem Carter mit Fähigkeiten, um Gegner besser sehen zu können oder Corporal Singh als idealer Nahkämpfer. Mademoiselle Dubois wirkt im ersten Moment wie eine Art Hexe (hallo Klischee!), da sie besonders auf die dunklen Künste setzt.
Tatsächlich habe ich mit ihr die meisten kritischen Schüsse aus nächster Nähe erzielt, sodass die gute Frau sich allein aus der Zange von fünf Nazis in einer Runde befreien konnte. Der Trupp setzt tatsächlich selbst auch auf übernatürliche Kräfte, was aber leider zu keinem Zeitpunkt im Spiel thematisiert wird.
Auch die Attribute werden nirgends erklärt, sodass man oft nicht versteht, was das aufwerten dieser mittels Fähigkeitenrad bringt. Es gibt eine Maximalstufe, die man im Spiel noch vor der letzten Mission erreicht, sofern man alle Bonusmissionen mitnimmt. Es ist dafür nicht mal nötig alle zusätzlichen Aufgaben während einer Mission zu erledigen – Erfahrungspunkte gibt es genug. Wer es Anspruchsvoll mag, sollte die Bonusmissionen (und die damit erhältlichen Gegenstände) einfach weglassen. Ab einer gewissen Stufe wirkt alles recht einfach. Man kann zwar nicht alle Fähigkeiten mit der Maximalstufe erlernen, bekommt aber regelmäßig die Gelegenheit die Fertigkeitspunkte neu zu verteilen. Ich kann an dieser Stelle nur empfehlen, die Boni bei kritischen Treffern (und natürlich die kritische Trefferquote) bei Ariane Dubois und Corporal Singh zu erwerben. Bei jedem kritischen Treffer gibt es dann einen Spezialpunkt (BP), welcher im Kampf für einen zusätzlichen Schuss mit der Zweitwaffe benutzt werden kann – was natürlich nur aus der Nähe wirklich Sinn macht. Das gilt grundsätzlich: Mit einer Schrotflinte oder der Pistole kann man natürlich kaum den Scharfschützen am anderen Ende der Kampfzone treffen.
Deckung und Technik
Damit kommen wir auch direkt zum strategischen Teil. Das Deckungssystem weißt leider ein paar Schwächen auf. Es wird gut angezeigt, an welcher Position man sich in Deckung befindet und meistens weicht man in Deckung einem Schuss auch öfter aus – später war es meinem Trupp aber auch egal, ob ein Gegner in Deckung war, weil die Trefferchance einfach so absurd hoch war (was aber bei der Überzahl der Gegner auch bitter nötig war). Die Deckung wird als gebrochen angezeigt, sobald ein Gegner von der Seite oder von hinten kommt. Das ergibt auch komplett Sinn, allerdings nicht, wenn es sich um eine reine Nahkampfeinheit handelt. Es gibt Mythos-Wesen namens Shoggothe, die keinen Fernangriff haben – dennoch brechen sie die Deckung und damit können andere Gegner, die eigentlich erst über die Mauer oder die aufgestapelten Sandsäcke schießen müssten dann auch besser treffen.
In jeder Runde werden Aktionen und Bewegung direkt ausgeführt, dabei zieht immer die Spielgruppe komplett bis keine Handlungen mehr verfügbar sind oder die Spielerin manuell die Runde beendet. Danach sind dann alle Gegner an der Reihe – und das kann sich manchmal etwas ziehen. Anfangs ist man noch gut dabei, die Gegner sind von geringer Anzahl und man möchte ja wissen, wohin diese sich bewegt haben, falls sie in der Dunkelheit – also außerhalb der Charaktersichtfelder – verschwinden. Irgendwann hat man es aber mit so vielen Gegnern zutun, dass man sich eine Vorspultaste wünscht.
Zudem geht die Nintendo Switch auch ganz schön in die Knie dabei. Bei längeren Kämpfen oder eben bei sehr vielen Figuren, die berechnet werden müssen, tauchen dann Verzögerungen auf: Einzeiler, Schmerzenslaute und andere Kampfgeräusche werden komplett verspätet abgespielt. Da schießt Frau mit der Pistole den Nazi um, aber man hört noch das Geräusch von vor drei Runden, als das Mythos-Wesen irgendetwas gurgelt, während es die Gruppe in Angst und Schrecken (also Stress) versetzt. Oder der Gegner lacht, weil man danebengeschossen hat, obwohl man gerade von einem anderen Nazi fast niedergeschossen wird. Von der völlig verwirrenden Soundkulisse, die einen vielleicht in den Wahnsinn treiben soll, bis zu Eingabe-Verzögerungen war alles dabei. Denn bis ich wieder eine Figur steuern konnte, obwohl ich noch in meinem eigenen Zug war, verging auch zu viel Zeit. Leider gab es auch den ein oder anderen Bug, wodurch ich Figuren einfach gar nicht mehr steuern konnte. Speichern und Neu laden hat geholfen – aber auch das kostet viel Zeit. Große Kämpfe brauchen auch sehr lang zum Laden. Hier kommt die Konsole definitiv an ihre Grenzen.
Steuerung
Die Steuerung auf der Nintendo Switch ist leider auf die zwei Joy-Cons beschränkt, andere Controller werden nicht unterstützt. Die Touch-Funktion der Switch wird überhaupt nicht benutzt – dabei wäre Achtung!Cthulhu Tactics damit gut spielbar gewesen, ich fand dies schade. Die Vibrationsfunktion der Controller habe ich direkt über die Switch-Einstellungen ausgeschaltet, da diese sehr gestört hat, wenn man die Controller an der Konsole belässt, was vom Spiel auch nicht empfohlen wird. Im Spiel selbst gab es dazu keine Einstellung.
Glücklicherweise ist die Steuerung grundsätzlich aber unkompliziert gehalten und schnell gelernt, man hätte diese aber wie gesagt mit der Touch-Funktion als Alternative noch aufwerten können.
Fazit
Wenn man Strategie Spiele mag, ist Achtung!Cthulhu Tactics kein schlechtes Spiel. Für den Gruselfaktor oder eine Geschichte sollte man allerdings keine Ansprüche haben. Auf der Nintendo Switch kann man mal eben bequem eine (halbe) Mission spielen. Ich habe die letzten Missionen nach und nach beim Kochen gespielt, weil die Gegnerbewegung so lange gedauert hat, dass ich noch was nebenbei machen wollte. Der Endboss war ein Highlight, davon hätte ich gern mehr gesehen.